Thüringen hat gewählt. Die gute Nachricht: Die Wahlbeteiligung stieg von 52,7 Prozent (2014) auf 64,9 Prozent (2019). Die schlechte Nachricht ist, dass davon die AfD am meisten profitieren konnte und ihr Ergebnis von 2014 verdoppelte.
Faschist Björn Höcke
Wie konnte das passieren? Die AfD, noch vor der CDU, mit einem Faschisten an der Spitze: Björn Höcke. Heutzutage sind schon richterliche Beschlüsse erforderlich, dass man Faschisten offen als Faschisten bezeichnen darf. Vielleicht muss noch einmal daran erinnert werden, was den Faschismus kennzeichnet. Er ist eine rechtsradikale politische Bewegung, von Mussolini gegründet, die die Werte einer Demokratie ablehnt. Die Herrschaftsform des Faschismus ist die Diktatur. In faschistischen Systemen gibt es nur eine Partei, andere Parteien neben ihr sind verboten. Gegner des Faschismus werden in einer solchen Herrschaftsform verfolgt, gefoltert und ermordet.
Hitler
Die Nationalsozialisten unter Hitler haben dann in konkreten Handlungen gezeigt, was Sie damit wirklich meinen. Hitler, der sich größer als Gott glaubte, entschied darüber, welches Leben lebenswert ist und welches nicht. Sechs Millionen Juden kaltblütig ermordet. Den Zweiten Weltkrieg angezettelt und verantwortlich für rund Fünfundfünfzig Millionen Tote.
Gauland
Wie schön, dass wir in Zeiten wie diesen Meinungsfreiheit haben, da kann AfD-Chef Gauland ungestraft davon sprechen, dass Hitler und die Nazis nur ein Vogelschiss in 1000 Jahren deutscher Geschichte seien. Alexander Gauland heißt diese Kreatur, bitte merken. Das wäre gar keine Volksverhetzung, meinte die Staatsanwaltschaft und man müsse das im Gesamtkontext seiner Rede sehen. Staatsanwaltschaften sind auch nicht mehr das, was Sie mal waren.
AfD – ein alternativloser Schandfleck
Tja, wenn das so ist, dann macht es ja auch nichts, wenn erwachsene Menschen den Faschisten Höcke auf Platz 2 in Thüringen wählen, noch vor die CDU. Björn Höcke, der 2017 das Holocaust-Mahnmal als „Denkmal der Schande“ bezeichnet hat. Wie ist es möglich, dass eine Viertelmillion mündiger Bürgerinnen und Bürger diesem Hetzer ein Kreuzchen auf dem Wahlzettel schenkt? Nur weil ich enttäuscht bin und nah am Wasser gebaut habe, wenn es um meine Demokratie geht, kann ich doch nicht allen Ernstes Faschist Höcke und die AfD, eine Partei aus dem politischen Prekariat, wählen.
Der Bierdeckel von Friedrich Merz
Ist es andererseits nicht zu kurz gedacht, das Erstarken der AfD allein den Volksparteien in die Schuhe zu schieben? Konnte der mündige Bürger nicht auch sagen: Bei dieser Politik bleibe ich lieber gleich zu Hause? Dann hätten wir auf homöopathische Wahlergebnisse geblickt, die sogar auf den Bierdeckel von Friedrich Merz gepasst hätten.
Spätfolgen?
Oder liegen wir daneben und haben es mit den Spätfolgen von 15 Jahren „Deutschland sucht den Superstar“, „Dschungelcamp“ und „Bauer sucht Frau“, zu tun. Haben sich in Deutschland die Prioritäten verschoben? Spielt Politik keine Rolle mehr? Sind die Quoten von „Let’s Dance“ wichtiger als zum Beispiel Frauenquoten in der Politik?
Mit freundlichen Grüßen – ihre GroKo
Die GroKo ist besser als ihr Ruf, hallt es auf den bundespolitischen Fluren. Man regiere gut, habe es nur nicht verstanden, den Bürgern die Erfolge richtig zu vermitteln. Was soll da überhaupt vermittelt werden? Hartz IV-Gesetze, erbärmliche Mindestlöhne, die häufig sogar ungestraft unterschritten werden, sage und schreibe neun Millionen Menschen im Niedriglohnsektor, unbezahlbare Mieten, Lehrermangel ohne Ende, ein unterirdischer Bildungsföderalismus, Pflegenotstand, Nullzinspolitik, ungelöste Flüchtlingsfrage, schäbige Syrien-Politik…um nur einige zu nennen. Ist der Ruf erst ruiniert, regiert’s sich völlig ungeniert. Mit freundlichen Grüßen – ihre GroKo.
Was tun?
Was also tun? Eines ist auch klar: Zu 100 Prozent wird man die AfD nicht los. Man könnte sie jedoch dauerhaft auf unter 10 Prozent halten, nicht nur in Thüringen. Und das geht am besten so, indem man jungen Menschen in der Schule erklärt, was Demokratie ist, was Gewaltenteilung bedeutet, wie unsere Gesellschaft funktioniert. Und wo die Unterschiede zu anderen politischen Systemen liegen.
Idealerweise bekommt der Nachwuchs schon in der kleinsten sozialen Zelle, der eigenen Familie, die Grundzüge vermittelt.
Der Tag X
Dann ist die Kultusministerkonferenz gefordert. In den Lehrplänen muss der politischen Bildung eine herausragende Priorität eingeräumt werden. Nur gut (aus)-gebildete Schüler sind später in der Lage, ein stabiles, demokratisches Fundament zu leben. Am Tag X darf dann gewählt werden und die jungen Wahlberechtigten, sagen wir es mal vorsichtig, voten so, dass unsere noch junge Demokratie nicht nachhaltig beschädigt wird.
Wie sieht die Realität 2019 aus? Um noch einmal Friedrich Merz zu zitieren: grottenschlecht, denn…
…nur jeder zweite 14- bis 16-Jährige weiß von Auschwitz
Eine Erhebung des Meinungsforschungsinstitutes Forsa im Auftrag der Körber-Stiftung ergab im vergangenen Jahr, dass nur 47 Prozent der befragten 14- bis 16-Jährigen wissen, dass Auschwitz ein Konzentrations- und Vernichtungslager der Nazis im Zweiten Weltkrieg war. Wenn antisemitisches und rechtsextremes Gedankengut nach wie vor in unserer Gesellschaft Platz finden und der Holocaust immer noch von einigen Menschen geleugnet wird, dann ist das einfach erschreckend.
Katrin Göring-Eckhardt (Fraktionsvorsitzende Bündnis90/die Grünen)
Bald sind wieder Wahlen …
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