113 Leserbriefe und 31 Stellungnahmen haben die Ruhr Nachrichten 2023 abgedruckt. Im LESEREFORUM werden überwiegend Kommentare von Privatpersonen veröffentlicht. Es gibt auch Politiker, die in dieser Rubrik auftauchen, aber als Privatperson erwähnt werden möchten. Im zweiten Teil beschäftigen uns die Stellungnahmen. Hier melden sich Parteien, Vereine, Initiativen oder Arbeitskreise zu Wort. Im ersten Teil beginnen wir mit den Leserbriefen. Eine Auswahl vom 2.Januar bis zum 29.Dezember.
Januar
Der erste Leserbrief des Jahres hatte die „Digitale Werbetafel“ an der Borker Straße als Aufhänger. Der WDR hatte herausgefunden, dass eine Werbetafel so viel Strom wie zehn Single-Haushalte verbraucht. Der Leserbrief fand das Energie-Gerede ermüdend und glaubt, dass es wichtigere Dinge gibt.
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Dass nicht alles schlecht ist, wollte jemand erwähnt wissen, der vom Bürgerbüro in „Windeseile“ bedient wurde, um einen Pass zu bekommen. Keine Woche später kam die Retourkutsche. Der Passbesitzer wurde darauf aufmerksam gemacht, dass nicht jeder auf dieser Welt in einem Büro arbeitet und dieses zu jeder Zeit verlassen kann. Dann war noch Innenminister Reul bei der CDU Lünen zu Gast. Sein Vortrag wurde als einseitig wahrgenommen. Die schlimmste Entgleisung allerdings war, dass er Greta Thunberg als Fräulein Thunberg bezeichnete. Schon zu Beginn des Jahres ein fetter Skandal.
Februar
Welche Zumutung der Radweg an der Moltkestraße für Radfahrer bedeutet, wird deutlich ausgeführt. Es wird angezweifelt, dass die Verwaltung ihr eigenes Radwegenetz jemals mit dem Fahrrad in Augenschein genommen hat. Jemand weist die Politik zurecht und bemängelt, dass um das Thema Klimaschutz zu viel heiße Luft erzeugt wird. Das Steag-Wäldchen wurde gleich zweimal in Leserbriefen „bespielt“.Auf einen (erfolgreichen) Bürgerentscheid vor 20 Jahren (Mühlenbachtal) hob ein Leserbriefschreiber ab und freute sich über eine zentrale Siegesfeier.
März
Fast jeder Tag ein Leserbrief. Sind das die demokratischen Vorboten des Frühlings? Das Steag-Wäldchen schaffte es noch dreimal in die Leserforum-Rubrik. Für viele ein Schlag ins Kontor: Die Kleiderkammer in Brambauer schließt nach 40 Jahren. Das wurde in fünf Zuschriften kommentiert, kritisiert und eingeordnet. Die neue Kleiderordnung an der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule schlug hohe Wellen. Einige Überschriften: „Über Mode kann man nicht streiten“, „Schule hat dringendere Probleme“ und „Schulleiter ist auf dem richtigen Weg“ war alles dabei.
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Dreimal dabei: „Live-Übertragungen von Ratssitzungen“. Fehlende Wertschätzung eines Bürgerantrages, die Nicht-öffentliche Behandlung desselben wurde kritisiert. Die Antwort folgte auf dem Fuße. Mit Live-Übertragungen im Internet solle die Demokratie gestärkt werden. Zweifel seien angebracht. Es folgte ein Schwall an ironischen und verzerrenden Szenarien und Behauptungen. Der März hatte es in sich.
April
Vergleichsweise sanft waren die Leserbriefschreiber im April. In die Print-Ausgabe schaffte es noch zweimal die Kleiderordnung der Kleineren Erwachsenen. „Toleranz und Bereitschaft zum Dialog“ und „Leben wird im Egal-Outfit nicht bequemer“. (Frage der Statt-Block-Redaktion: Gibt es schon ein Egal-Outlet?) Und noch einmal wurde das Schließen der Kleiderkammer beweint. Und ja, schon im April wurde der bevorstehende Abriss des Antiquitätenhauses bemängelt. Das Thema „Wohnen“ im Allgemeinen war für denjenigen wichtig, der in Selm wohnt, wo mehr gebaut würde als in Lünen, denn hier reiße man nur ab.
Täuscht der Eindruck, oder unterliegt sogar das Leserforum klimatischen Einflüssen. In der wärmeren Jahreszeit nimmt die Zahl der Leserbriefe ab, wie der Frühlingsmonat Mai (6) Juni (3) und Juli (4) zeigen.
Mai
Politiker Tilman Kuban hetzte gegen eine Kita wegen Muttertag und des Bastelens) und veröffentlichte die Adresse, E-Mail und Tel. Nr. der Einrichtung. Wurde in einem Leserbrief angeprangert und verurteilt. Nicht-öffentliche Sitzungen finden regelmäßig statt. Sie sind immer wieder über das Jahr verteilt, Thema im Leserforum. So auch einmal im Mai, wo kritisch angemerkt wurde, dass es einen Geheimrat für Stadtgestaltung und Baukultur gibt. Weil es nicht so oft vorkommt, soll es hier erwähnt werden.
Es gibt sie noch, die Leserbriefe, die Lob aussprechen. In Niederaden ist alles astrein. Sechs neue Bänke wurden aufgestellt, Mülleimer werden rechtzeitig geleert und es wird gemäht. Nämlich rund um die Rosenbeete und es wurde unaufgefordert gedüngt. Das Fazit des Verfassers: nicht immer nur meckern, sondern miteinander mähen, äh, reden.
Juni
Einen ironisch gemeinten Glückwunsch durfte die Sparkasse in Alstedde in Empfang nehmen. Ältere hätten in jedem Fall Angehörige, welche für die Betroffenen die Bankgeschäfte erledigen. Der Leserforums-Verfasser empfindet das als Frechheit.
Mit den städtischen Finanzen beschäftigt sich ein weiterer Brief und kritisiert, dass für die Großkopferten der Stadt immer noch genug Geld da sein möge, trotz der Brandrede der Kämmerei. Und Anerkennung gab es an die Adresse des Bürgerbüros: Personalausweis war plötzlich abgelaufen und man wurde sehr freundlich bedient. Besser gehts nicht, meinte der Autor.
Juli
Über andere Erfahrungen in Sachen Kundenzufriedenheit berichtete jemand, der Kontakt zu den Stadtwerken aufnehmen wollte. Seit Monaten gelang es ihm nicht und er zweifelte mittlerweile an der Existenz der Stadtwerke. Dass Gastronomen durch das Anheben der Mehrwertsteuer von 7 auf 19 Prozent sich bedroht fühlen, findet ein Leserbriefschreiber anmaßend. Und manchmal ist es gut zu wissen, dass die lokalen Akteure tiefer in den Themen stecken als überregionale Medien. Die Hertie-Immobilie hat eben nicht die Verwaltung „Fachbereichsleitung innovative Stadt Lünen“, sondern vielmehr der Bauverein gestemmt, wusste die Leserbrief-Autorin.
August
Dass es persönliche Befindlichkeiten gibt, wenn es um „falsche Ortsschilder“ geht, darüber wurde Mitte berichtet. Es sollten bitte konsequent alle Ortseingangsschilder ausgetauscht werden, nachdem Lünen die Grenzen künstlich neu gesetzt hatte. Stichwort Nordlünen. Seinem Erstaunen Ausdruck verlieh ein Leser über das Neubaugebiet „In den Hummelknäppen“. Es wird vermutet, dass es eine Verquickung zwischen allgemein Interesse und privatwirtschaftlichen Erwägungen gibt. Der so gescholtene Ratsherr antwortete postwendend und stellte die Dinge aus seiner Sicht richtig.
September
Lobend erwähnte wurde im Leserbrief ein Jubiläum: 40 Jahre Gesamtschule Geschwister-Scholl-Schule. Nicht nur zum Kinofest äußern sich Leser und Leserinnen. Für den Film »Der verlorene Zug« des Filmklubs gab es gute Kritiken in einem Leserbrief. Kommt nicht so häufig vor. Im Format “offener Brief” greifen zwei Leser:innen an den Bundestagsabgeordneten Michael Thews, das Thema der Klimaschutzmaßnahmen auf.
Landtagsabgeordneter (Schmeltzer, SPD) antwortet auf eine Stellungnahme der Lüner CDU-Fraktion zum NRW-Haushalt. Es sei erstaunlich, wie das Vorgehen der CDU-Landeregierung gelobt werde, trotz des Haushaltes in Lünen, der am Abgrund stehe.
Nur langsam spricht es sich herum, dass NRW als einziges Bundesland Sonntagsöffnungszeiten für Büchereien finanziell fördert. Zwei Leserbriefe nehmen sich des Themas mit unterschiedlichen Sichtweisen an.
Oktober
Durch eigenes Missgeschick von der Leiter gefallen und in der Klinik am Park in Brambauer ganz wunderbar und gottbegnadeten Team betreut. Das musste raus. Eine lebendige Bücherei am neuen Standort wird gewünscht und bringt einen Vorschlag nach einer Befragung der NutzerInnen ins Spiel. Ein Leser reagiert auf einen Artikel. Zu wenig Haushalte mit Biotonne“ und ist gegenüber der BIO-Tonne kritisch eingestellt. Natürlich kommt auch das Taubenhaus zu seinem Recht. 40.000 Euro könne man besser ausgeben, wird angemerkt. Und weil Kleiderordnung immer geht, gibt es im Herbst noch einen weiteren Brief dazu. Dieses Mal meldet sich sogar ein Studiendirektor aus dem Ruhrgebiet zu Wort. Zusammenfassend lässt er uns wissen, dass er nichts von Karl Lagerfelds Auffassung hält, dass, wer Jogginghosen trägt, die Kontrolle über sein Leben verloren hat.
November
Immer wieder Hummelknäppen. Dieses Mal lautet die Überschrift im Leserforum: … .Machen sowieso, was sie wollen“, meint resignierend der Verfasser und schließt viele Bürgerinnen und Bürger mit ein, die sich über den Beschluss des Ausschusses für Stadtentwicklung wundern, dass die Freifläche in den Hummelknäppen als Baugebiet ausgewiesen werden soll. Viele Argumente, die dagegen sprechen, werden ignoriert, so der Autor. Die neue DHL-Packstation wurde thematisiert, da diese nur mit dem Smartphone zu handhaben ist. Und was machen die Menschen, die über kein Handy verfügen oder dieses nicht so gut bedienen können, wird gefragt.
Dass die Wählergemeinschaft GFL mit ihrem überraschenden Vorstoß eines Gegenkandidaten für den Posten des 2. Stellv. Bürgermeisters viele Bürger der „Mitte“ resignieren lässt, glaubt ein Leser und ist zudem gespannt, ob die SPD eine Gegendarstellung zu dem ganzen Ärger darum komponieren wird.
Dass die Lüner Genossen die CDU am Nasenring durch die Landschaft führen, schreiben die Ruhr Nachrichten in einem Kommentar. Diese Wortwahl stößt einem Leser übel auf und er äußert heftige Kritik.
Dezember
Natürlich darf das Kinofest nicht fehlen. Zweimal war Mann und Frau voll des Lobes. „Wundervolle Tage“ und „ein tolles Ereignis für die Stadt“ seien das gewesen, so die einhellige Meinung.
In der Gemeinde St. Marien sollen demnächst 2 von 4 Kirchen geschlossen werden. Darüber nachzudenken, empfiehlt eine Leserin. Ein anderer ist über die Entscheidung der Schließung “im stillen Kämmerlein” bestürzt. Zwei weitere Lesermeinungen zum gleichen Thema beklagen, dass auf Marias Stirn Kummerfalten liegen und weisen auf die Strukturen der Macht hin.
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Die „Causa Wolski“ und die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen den Bürgermeister werden in Leserbriefen zur Sprache gebracht. Man stellt sich schützend vor den Bürgermeister und lädt ihn zum Essen vor großem Publikum ein, andere möchten abwarten, was am Ende herauskommt. Kritik an der Arbeit der Staatsanwälte flammt auf. Und die Forderung der GFL, dass der Bürgermeister seine Amtsgeschäfte ruhen lassen möge, auch vom Parteivorsitzenden der GFL unterschrieben wurde, der über kein Mandat in Lünen verfügt, weil er nicht mehr in hier wohnt, ist für eine Autorin dann sehr verwunderlich.
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Ein verspätetes Weihnachtsgeschenk erhält Dr. Karsten Karad von einem Leser. Der Doktor, der nicht gegen Corona impft, ist schon allein deswegen glaubwürdig, weil er dadurch auf viel Geld verzichte.
Quelle: aus den Print-Ausgaben der Ruhr Nachrichten vom 2.1. – einschl. 27.12.23
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