Alle nennen ihn „Pepe”

pepe

José Mujica war von 2010 bis 2015 das 34. Staatsoberhaupt von Uruguay. Zum Abschied dankte er den Uruguayern dafür, dass er ihr Präsident sein durfte.

Pepe, sein Spitzname, kennt jeder Uruguayer. Fast jeder weiß auch, wo er wohnt: am Fuße des Cerro, einem Arbeiterviertel am Rande von Montevideo. Dort bewirtschaftet er einen Bauernhof und züchtet Blumen. Sein VW Käfer ist 40 Jahre alt. Konsum und Statussymbole sind nicht sein Ding. Er galt als ärmster Regierungschef der Welt. Von seinem Gehalt, ca. 12.500 US-Dollar, behielt er zehn Prozent für sich und spendete den Rest.
Quelle: fluter, bpb

14 Jahre Gefängnis

Pepe Mujica war in vielerlei Hinsicht ein ungewöhnlicher Präsident. Er schaffte den Sprung vom Rebellen zum Staatschef. In den sechziger Jahren gehörte er zu den Gründern der Tupamaro-Stadtguerilla, die mit Gewalt den Staat bekämpfte. Insge-samt saß er 14 Jahre im Gefängnis, häufig in Einzelhaft. Erst nach dem Ende der Militärdiktatur 1985 kam er frei.
Quelle: Deutschlandfunk

… und dann sollten wir Männer schweigen

Nach der Diktatur begann seine politische Karriere, die ihn bis in das höchste Staatsamt Uruguays führte. Er war bekannt für seine unorthodoxen Positionen. Unter seiner Führung wurde Uruguay zum modernsten Land Südamerikas. Er brachte ein Drogengesetz auf den Weg, mit dem er mehr Kontrolle über die Herstellung und den Verkauf von Cannabis erhielt und so den Einfluss der Drogenmafia schwächte. Während seiner Amtszeit wurde die gleichgeschlecht-liche Ehe eingeführt. Mujica legalisierte die Abtreibung und lies die Frauen selbst darüber abstimmen und fügte hinzu: und dann sollten wir Männer schweigen.

Der harte Kern der politischen Führungsriege in jedem Land muss sich ethisch und moralisch verpflichtet fühlen. Wenn die Politiker auch noch effizient sind und etwas können – umso besser.

Uruguay ist seit 2019 das erste lateinamerikanische Land mit 5G-Mobilfunkstan-dard. Das Bildungssystem ist gut ausgebaut. In den Schulen steht jedem Kind ein Laptop oder Tablet zur Verfügung. Das Land steht auch für Modernität im Umgang mit Religion: seit über hundert Jahren werden in Uruguay Kirche und Staat getrennt.
Quelle: Stéphanie-Fabienne Lacombe für treffpunkteuropa.de

 

Es gibt weitere Gründe, dass Uruguay stolz auf sich sein kann. Während viele Länder Südamerikas von Korruption geplagt werden, steht Uruguay auf dem „Corruption Perception Index 2018“ von Transparency International sogar einen Platz hinter den USA.

Philosoph der Demokratie

Regisseur Emir Kusturica drehte einen Film über Mujica, Papst Franziskus nannte den bekennenden Atheisten einen „weisen Mann“, die Zeitschrift „Economist“ kürte ihn zum „Philosophen der Demokratie“.

Aber es gibt etwas, dass keinen Preis hat. Man darf nicht in die Politik gehen, um Geschäfte zu machen oder um besser zu leben, sondern man muss sich gemein machen mit der Sache der Bürger.

Pepe Mujica war auch zu Besuch in Deutschland. Im Oktober 2011 empfing ihn Bundeskanzlerin Merkel zu einem knapp einstündigen Gespräch. Im anschließ-enden Pressegespräch erwähnte Frau Merkel stolz, dass 10.000 Deutsche in Uruguay leben, es u. a. eine Schule in Montevideo gebe, die schon seit 150 Jahren besteht und in die 1.500 Schülerinnen und Schüler gehen. Ein Goethe-Institut gibt es natürlich auch.

Unsere Welt braucht weniger von diesen globalen Organisationen aller Art, die Konferenzen und Treffen organisieren, die letztlich nur den Hotelketten und Fluggesellschaften nutzen. Und wir brauchen mehr Humanität und Wissenschaft.

Wäre es nicht eine sinnvolle Sache, wenn deutsche Politikerinnen und Politiker von der immensen Lebenserfahrung und politischen Klugheit und Weitsicht Pepes profitieren könnten?

Hospitant Scheuer

Vielleicht könnte Deutschland einige begabte Nachwuchspolitiker aus Berlin zum progressiven, pragmatischen und authentischen Ex-Präsidenten nach Montevideo schicken. Sechs Monate Praktikum bei Pepe. Als ersten Hospitanten schicken wir Andi Scheuer in das Land der Gauchos.

In der Regel dauern Praktika maximal drei Monate. Es gibt aber auch Fördermaßnahmen von der Bundesagentur für Arbeit, das Volontariat auf sechs Monate auszudehnen. Das sehen wir im Fall von Andreas Scheuer dringend geboten.

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