Der Krieg in Syrien

Seit Ausbruch des Bürgerkrieges in Syrien wurden 500.000 Menschen getötet. Mehr als Elf Millionen Syrer sind auf der Flucht (UNHCR). 11,7 Millionen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Wie konnte es dazu kommen?

Arabischer Frühling

Rückblick: Dezember 2010. In Tunesien erhebt sich das Volk gegen die Regierung. Es wird mehr Mitbestimmung gefordert. Aus Protest gegen die Gewalt der diktatorischen Regime rebelliert das Volk in mehreren arabischen Ländern. Die Aufstände gehen als der „Arabische Frühling“ in die Geschichte ein. In einigen Staaten können die Gewaltherrscher tatsächlich gestürzt werden.

Regierungskritische Parolen

Auch in Syrien kommt es zu Protesten gegen die Regierung. Sie wollen nicht mehr von Ihrem Präsidenten Baschar al-Assad und seinem Regime unterdrückt werden. Anfangs verliefen die Proteste friedlich. Dann wurde eine Gruppe von Schülern verhaftet, weil sie regierungskritische Parolen an die Schulwand malten. Die Jungs werden wochenlang festgehalten und gefoltert. Die Stimmung schlägt um. Assads Regime antwortet mit Gewalt, Demonstranten werden getötet. Die Folge: Noch größere Proteste und noch mehr Gewalt. Hunderte sterben, Tausende werden verhaftet.

Baschar al-Assad

Präsident Assad kommt 2011 an die Macht. Er erbt das Amt von seinem Vater, der sich dreißig Jahre zuvor gewaltsam an die Macht geputscht hatte. Seit fast einem halben Jahrhundert herrscht die Assad-Familie in Syrien. Eigene Familienmitglieder besetzten wichtige Positionen und sichern Assad seine Macht. Die Assad-Familie gehört zur kleinen Glaubensgemeinschaft der Alaviten*, einer Untergruppe des schiitischen Islam. Drei Viertel aller Syrer sind jedoch sunnitisch. Sunniten und Schiiten streiten schon seit Jahrhunderten darüber, wer der legitime Nachfolger Ihres heiligsten Propheten Mohammed ist und damit der rechtmäßige Führer der muslimischen Gemeinschaft.

*In Syrien gibt es zahlreiche ethnische und religiöse Gruppen. Christen, Turkmenen, Sunniten, Drusen, Muslime, Araber, Kurden, Iraker, Aramäer, Islamiten, Tscherkessen, Juden, Alawiten, Schiiten, Palästinenser, Assyrer.

Freie syrische Armee (FSA)

Die Proteste eskalieren immer mehr. Unterstützt werden die Demonstranten von Teilen der Armee, die nicht länger auf Ihr eigenes Volk schießen wollen. Es bildet sich die „Freie syrische Armee“ FSA.

Mittlerweile ist das ganze Land im Krieg. Um Freiheit und Demokratie geht es vielen Rebellen schon lange nicht mehr. Je länger die Kämpfe andauern, desto unübersichtlicher wird die Lage. Radikale Gruppen bilden sich. Die Lage verschärft sich, weil der islamische Staat (IS) in die Kämpfe eingreift. Der IS entstand im Irak und fällt mit tausenden Kämpfern in Syrien ein. Sie wollen das gesamte Land erobern und einen eigenen Staat, ein sogenanntes Kalifat, errichten. Der IS kämpft gegen alles, was sich ihm in den Weg stellt, Assad-Anhänger wie auch Assad-Gegner.

Kurden

Im Nordosten kämpft der IS gegen die Kurden, die als Volk ohne Staat in vier verschiedenen Ländern leben: in der Türkei, dem Iran, dem Irak und eben im Nordosten Syriens. Unter Assad werden die Kurden seit vielen Jahren unterdrückt. In den Bürgerkriegswirren sehen die Kurden eine Chance und verbünden sich sowohl mit Assad-Gegnern wie auch Anhängern. Und was macht Assad? Er denkt überhaupt nicht daran, zurückzutreten und will den Krieg um jeden Preis gewinnen und führt einen Kampf gegen alle.

Iran, Hisbollah-Miliz, Saudi-Arabien

Unterstützt wird er dabei vom Iran, dem größten schiitischen Land der Welt. Der Iran schickt Waffen, Geld und eigene Kämpfer nach Syrien. An dessen Seite steht die libanesische Hisbollah-Miliz, die vom Iran mit Waffen und Bodentruppen ausgestattet wird. Der größte Rivale Irans in der Region sind die Saudis, und die sind sunnitisch. Deshalb schaltet sich Saudi-Arabien früh in den Konflikt ein. Sie unterstützen die Gegner Assads mit Geld und Waffen. Sie wollen eine neue, sunnitische Regierung in Syrien, mit der sie sich gegen den schiitischen Iran verbünden können. Aber auch die Saudis sind sich nicht einig. Mittels Geld und Waffen halten die beiden regionalen Großmächte Iran und Saudi-Arabien den Krieg zwischen Assad und den Rebellen am Leben.

Russland

Alle verfolgen unterschiedliche Interessen. Die Rebellen, Sunniten, Schiiten, Kurden, der IS, Assad-Gegner, Assad-Anhänger. Die Lage könnte unübersichtlicher und chaotischer nicht sein.

Auch die Staatengemeinschaft hat unterschiedliche Interessen. Bei den Vereinten Nationen blockieren sich Russland und USA gegenseitig. USA und Europa unterstützen die gemäßigten Rebellen. Der mächtigste Gegner des Westens ist Russland. Die Russen sind auf Assads Seite. Syrien ist der wichtigste Verbündete Russlands in der Region. Auf syrischem Gebiet befindet sich eine wichtige Militärbasis (Tartus). Aktuell ist es die einzige Marinebasis der Russen im Mittelmeer. Die Russen fürchten um Ihren Einfluss in Syrien und damit in der ganzen Region, die für Russland nicht unwichtig ist. Russland liefert Waffen und greift militärisch ein und hilft Assad, verlorene Gebiete zurückzuerobern.

Quelle: https://www.planet-schule.de/sf/php/sendungen.php?sendung=10403

22.000 tote Kinder

Die unschuldigsten Opfer dieses Krieges sind Kinder. Die Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtet von über 22.000 getöteten Kindern und weit über 100.000 toten Zivilisten. Für die Flucht nach Europa ist die Türkei das wichtigste Transitland. Auch die Türkei ist in dem Krieg involviert. Eigentlich möchte die Türkei Assad stürzen und einen sunnitischen Staat nach eigenem Vorbild. Allerdings will sie auf gar keinen Fall, dass die syrischen Kurden gestärkt werden.

Einwohner 2010: 20,6 Millionen
Einwohner 2020: 16,6 Millionen

Letztendlich geht es um die Vormachtstellung in Nahen Osten und auf der Weltbühne. Um wirtschaftliche, politische und religiöse Interessen. Für die Menschen geht es mittlerweile nur noch ums Überleben. Hunderttausende wurden getötet. Millionen mussten aus Ihrer Heimat fliehen. 2010 zählte Syrien 20,6 Millionen Einwohner. Zehn Jahre leben nur noch 16,6 Millionen Menschen in Syrien. Ein Rückgang um 4 Millionen Menschen. Nicht ein Ziel, weswegen die Menschen vor neun Jahren auf die Straße gingen, wurde erreicht.

Noch immer ist Baschar al-Assad an der Macht. Die Weltgemeinschaft hat jämmerlich versagt. Alle direkt und indirekt Beteiligten dieses kleinen Weltkrieges hinterlassen Syrien in einem trostlosen, erschütterndem und erbärmlichen Zustand. Experten gehen davon aus, dass der Wiederaufbau des Landes mindestens 350 Milliarden Euro kosten wird.

Leider gibt es keine Experten die wissen, wann das Grauen vorbei ist …

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Ein Kommentar

  1. Bärbel
    4. März 2020
    Antworten

    Super Artikel, danke für das große Bild. Und das offene Ende. Wie können wir Unterschied sein, das Friedliche fördern? Haltung einfordern von der Politik, Handeln ebenso. Keine Waffenlieferung ehr in die Region. Und finanzielle Unterstützung. Und natürlich solche guten und klären Artikel verbreiten, Herzen und Grenzen für das Menschliche öffnen… Was noch??

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