Für die Kaufleute in der Innenstadt legt sich der City-Ring gerne ins Zeug. Corona gebeutelt sollten Ende September der Einzelhandel mit Comic-Plakaten die LünerInnen zum Shoppen einladen. Offensichtlich fanden nicht alle toll, was auf dem Plakat zu sehen war. Die Ruhr Nachrichten rollten das Thema auf: »Sexismus oder Spaß? Diskussionen um Werbeplakat des City-Rings« Daraufhin habe ich mir das Plakat angesehen. Gabi und Manni sind die HauptdarstellerInnen.
Ich habe das Werbeplakat seziert und komme auf eine ganz andere Sichtweise. Zunächst die gesamte Szenerie: Eine Frau, ein Mann, beide behängt mit Einkaufstüten, Geldscheine fliegen durch die Luft, die Logos des City-Rings und der Stadt Lünen. In einer Sprechblase steht LÜNEN – einkaufen in meiner Stadt. Was ist daran sexistisch? Wer wird hier benachteiligt? Der Reihe nach.
Gabi
Eine junge Frau, offenbar die Gattin, gepflegtes Äußeres, strohblondes Haar, die Augenbrauen mit Kajalstift vorteilhaft betont, weit aufgerissener Mund mit rotem Lippenstift. Der blaue Rock kommt wegen des großen Logos des City-Rings kaum zur Geltung. Sie trägt ein grünes Oberteil, was ein Hinweis auf ihre politische Gesinnung sein könnte. Gabi hat es eilig, scheint überrascht, ein wenig erschrocken und hat etwas entdeckt. Sie zieht ihren Mann hinter sich her. Er ist alles andere als amüsiert und wirkt gehetzt. Beide sind auf dem Weg zum Parkplatz und Sie sieht, dass in einiger Entfernung Ordnungspartnerschaften dabei sind, Knöllchen zu verteilen. Ihr Mann heißt …
Manni
Manni ist sportlich salopp von Gabi angezogen worden, denn heute geht es in die Stadt. Gelbes Sakko, schwarze Hose, hellblaues Hemd mit rot-grün gestreifter Krawatte. Scheitel rechts. Sein Erscheinungsbild ist nicht unsympathisch, etwas konservativ. Wahrscheinlich Wechselwähler. Er fühlt sich der Mittelschicht zugehörig. Mit Mühe kann er seiner Frau folgen, die so schnell unterwegs ist, dass sein Portemonnaie platzt und die Geldscheine herausfliegen. Das stellt sich jedoch nicht als Problem dar, da Gabi den moderneren Typ ihrer Beziehung verkörpert und schon seit Jahren mit Kreditkarte zahlt.
Männer sind zurückhaltender
Soweit die Beschreibung der Einkaufenden. Warum zieht eigentlich der Mann seine Frau nicht hinter sich her, frage ich mich? Ein anerkannter Marketing-Experte erklärt das kurz und bündig: Männer sind beim Einkauf zurückhaltender!
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Diese Einschätzung kann ich aus eigener Erfahrung nur zu 50 Prozent unterschreiben. Wenn wir Männer uns zum Beispiel eine Modelleisenbahn, ein neues Handy oder den neuesten Akku-Bohrschrauber zulegen, ist es mit der Zurückhaltung beim Einkauf schnell vorbei. Dann ziehen nämlich wir unsere Gattin hinter uns her. Und spätestens alle fünf Jahre muss die Modellpalette von Kettensägen und Laubsaugern erneuert werden. Diese werden nämlich zu 98 Prozent von Männern käuflich erworben. Und sobald Bier im Angebot ist, hat auch der letzte Mann seine Zurückhaltung abgelegt. Vielleicht ist der Marketing-Experte Weintrinker und lebt in einer kettensägenarmen und laubsaugerfernen Großstadt.
Kleiner Tipp für zukünftige Plakataktionen
Sobald in einer Aktionswoche das neue iPhone 12 Pro Max, ein Black & Decker Schwingschleifer und der Ben Bracken Highland Single Malt Scotch Whiskey für unter 150 Euro im Angebot sind, werden die Plakate aufgehängt mit dem Mann vorneweg.
Sobald der neue Thermomix mit Saugroboter-Funktion offeriert wird, für die teure Pflegeserie von Helena Rubinstein Preisnachlass gewährt oder neue Bettwäsche benötigt wird, dann rückt auf dem Plakat automatisch die Frau nach vorne.
Können wir uns darauf verständigen?
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