Alexander Lukaschenko ist seit 1994 Präsident von Belarus (Weißrussland). 2020 begann seine 6. Amtszeit. Damit findet er sich jedoch nur auf Platz 14 der Staatsoberhäupter, die länger als 25 Jahre amtieren. Queen Elisabeth ist schon seit 1952 am Start.
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Gegen das Virus mit Wodka, Sauna und Traktor
Vielleicht täuscht es, aber wird man nicht automatisch etwas wunderlich, wenn man über ein Vierteljahrhundert an der Spitze eines Landes steht? Oder wie ist es zu erklären, dass Lukaschenko bei einem Eishockeyspiel erklärte:
Es gibt hier kein Virus, oder sehen Sie es hier irgendwo herumfliegen? Also ich nicht. Außerdem muss man das Virus mit Wodka, Saunagängen und Traktor fahren bekämpfen.
Mitten in Europa
Zur DNA eines Langzeitautokraten gehört es auch, extrem misstrauisch zu sein. Weil das Volk nicht so spurt, wie gewünscht, wird die Opposition verfolgt, niedergeknüppelt und verhaftet. Doch immer wieder entstehen neue Glutnester des Aufstandes. Journalist und Regimekritiker Roman Protassewitsch gehört dazu. Er war mit seiner Lebensgefährtin Sofia Sapega auf dem Flug von Athen in die litauische Hauptstadt Vilnius. Zusammen mit weiteren 170 Passagieren. Die Maschine der Fluggesellschaft Ryanair wurde von einem belarussischen Kampfjet zur Landung in der Hauptstadt Minsk gezwungen. Beide wurden nach der Landung festgenommen. Angeblich sollte eine Bombe an Bord sein. Eine klassische Flugzeugentführung – mitten in Europa! Ein Anschlag auf die Bewegungsfreiheit der Europäer.
Besser Diktator als schwul
Die EU ist natürlich empört. Wieder einmal. Mit Belarus und Lukaschenko gab es mehrere, kleine Eiszeiten, so auch 2012. Damals zog die EU sogar alle Botschafter aus Weißrussland ab und verschärfte die Sanktionen. Daraufhin zog Lukaschenko seine Botschafter aus Polen und Belgien ab. Der Deutsche Außenminister Guido Westerwelle sagte öffentlich: „Lukaschenko ist der letzte Diktator Europas.“ Der Konter von Lukaschenko kam postwendend: „Besser Diktator als schwul“.
Wie Du mir, so ich Dir
Der Westen verhält sich wie gewöhnlich. Die USA verhängten Sanktionen gegen neun staatliche Unternehmen, nachdem Lukaschenko Forderungen ignoriert hatte, politische Gefangene freizulassen. Im Gegenzug reagierte Belarus prompt. Die USA mussten ihr Botschaftspersonal in Minsk reduzieren. Zudem wurden die Visaverfahren gegen US-Bürger verschärft. Wie Du mir, so ich Dir.
Wahlergebnisse über 80 % sind fälschungssicher
Die Wahl seiner fünften Amtszeit (2015 – 2020) gewann er mit 83,4 %. Das erklärte Lukaschenko damit, dass eine Wahl, die ein Ergebnis von mehr als 80 % aufweist, gar nicht gefälscht sein kann. Das muss auch richtig sein, denn der Präsident studierte immerhin Agrarwissenschaften an der Landwirtschaftsakademie und Geschichte an der Pädagogischen Hochschule in Mahiljou.
Nur über meine Leiche
Nach seiner bislang letzten Wiederwahl 2020 mit dem mutmaßlich gefälschten Wahlergebnis ließ er sich auch nicht von Massenprotesten beeindrucken – im Gegenteil. Aus einem Helikopter stieg er mit schusssicherer Weste und Kalaschnikow aus und stiefelte an den Fernsehstationen vorbei zum Präsidentenpalast. Die Botschaft: Ich bin hier der Herrscher, wenn ihr etwas anderes wollt – bitteschön, aber nur über meine Leiche!
Sanctions as usual
Worauf muss Belarus sich nach der Flugzeugentführung einstellen? Natürlich geht es wieder um Sanktionen. Immer das gleiche Spiel. Gott sei Dank hat Lukaschenko ein Flugzeug zur Landung gezwungen. Dann kann die EU mal den Luftraum für Belarus sperren. Vielleicht zieht Europa auch noch Diplomaten ab. Belarus ist zwar nicht Nato-Mitglied aber gehört zur Untergruppe der EAPC-Länder (Euro-Atlantischer Partnerschaftsrat). Jetzt erhalten die belarussischen Funktionäre bei Ihren Besuchen in Brüssel einen Tagespass und werden zu den Büros eskortiert. Eine echte Sanktionen-Luftnummer.
Schon wieder Konten einfrieren?
Konten einfrieren? Das übliche Programm. Wird es Lukaschenko interessieren? Bestimmt nicht. Er wird seinerseits auch ein bisschen gegen den Westen sanktionieren. Und zur besten Sendezeit lässt er sich mit dem Panzer in den Präsidentenpalast fahren. In den 80er war er Politstellvertreter einer Panzerkompanie. Er kennt sich im tiefen Geläuf eben auch perfekt aus.
Kein Weg aus dem Dilemma?
Gibt es also überhaupt keinen anderen Weg aus dem Dilemma? Was wäre eigentlich, wenn man den ganzen Überbau, also das, was das wirkliche Leben behindert, die Verwaltungs–Apparatschiks, hohen Kommissare, Präsidenten, Minister, also die gesamten Verhinderungsparlamente in Urlaub schicken würde und man ließe die Völker aufeinander los, mit ihren Kulturen, mit ihrer Kreativität, mit ihrer Lebenslust.
21 Städtepartnerschaften
So gibt es zum Beispiel aktuell nur 21 Städtepartnerschaften zwischen Deutschland und Belarus. Die weißrussische Stadt Mjory mit ihren 8.000 Einwohnern ist zum Beispiel am Aufbau einer Partnerschaft mit einer deutschen Kommune interessiert. 245 Kilometer von Minsk entfernt. Einmal im Jahr wird Mjory zum ornithologischen Zentrum Europas. Mit großem Fest wird im Herbst die Ankunft von ca. 4.000 Kranichen und 10.000 anderen Vögeln gefeiert, die dort eine Pause auf dem Überflug zu ihren Winterquartieren im Süden machen.
Goethe-Institut Belarus
Das Goethe-Institut Belarus könnte mit einem verbesserten Budget den Kulturaustausch zwischen Deutschland und Belarus intensivieren. Filmreihen, Kunstausstellungen, Konzerte, Festivals, Seminare könnten ein Weg echter Völkerverständigung sein. Gäbe es nicht viel zu entdecken? Könnten wir vielleicht sogar voneinander lernen?
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Das Goethe-Institut fährt schon heute mit einem Bus durch Belarus, dem DeutschExpress. Das ist eine Bibliothek auf Rädern. Dieser Bus bringt den Menschen in Belarus deutsche Kultur und Sprache näher. Idealerweise könnte Deutschland einen BelarusExpress ins Leben rufen, der uns die weißrussische Kultur und Sprache näher bringen könnte. Und sobald Alexander Lukaschenko in Rente ist, fährt er den BelarusExpress einmal im Jahr persönlich durch Deutschland. Dann brauch er auch keine Kalaschnikow mehr.
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