Einen schönen guten Abend auch von mir

Ich bekenne mich zum Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk. Nachrichten sauge ich regelrecht auf. An erster Stelle stehen bei mir die 19 Uhr heute-Nachrichten auf dem ZDF. Präsentiert von Petra Gerster, Christian Sievers oder Barbara Hahlweg. Für den Sportteil sind Katja Streso und Norbert Lehmann zuständig. In diesem Beitrag geht es ausnahmsweise um den männlichen Moderator. Frau Streso, bitte verzeihen Sie. Freundlich wird der Präsentator des Genres „höher-schneller-weiter“ angekündigt. Mit leicht unterkühlter Freundlichkeit begrüßt Herr Lehmann seine Fernsehgemeinde mit dem Jahrhundertsatz „einen schönen guten Abend auch von mir“.

 

Nicht einen Millimeter

Der gebürtige Dortmunder weicht nie von dieser Begrüßungsformel ab. Keinen Millimeter. Er stellt die Begrüßung nicht um. Zum Beispiel könnte er uns an ungeraden Tagen mit „auch von mir einen schönen guten Abend“ empfangen, uns mit Humor „Ich bin’s, der Gleiche wie Gestern“ oder mit der Hans-Dieter Hüsch-Version „Tach zusammen“ anfüttern. Sehr selten hört man heute „Ich schließe mich den Worten meiner Vorrednerin an.“ Das ist aus der Mode gekommen.

Zusatzklausel im Arbeitsvertrag

Die ersten Jahre dachte ich, Herr Lehmann, du könntest aus deiner Rolle mehr machen. Später habe ich eingesehen, dass es zum Aufbau seines Markenkerns gehört. Norbert Lehmann heißt nicht nur Norbert Lehmann, er sieht auch genauso aus. Der Satz „einen schönen Abend auch von mir“ ist sein unverwechselbares Kennzeichen geworden.

Möglicherweise hat er in seinem Arbeitsvertrag eine Zusatzklausel für genau diesen Satz stehen: lieber Herr Lehmann, wenn Sie eintausend Mal „einen schönen guten Abend auch von mir“ sprechen, erhalten Sie eine fette Zusatzprämie. Kann doch sein, oder? Heute liebe ich diese Eröffnung. Ich bin Nachrichten-Junkie. Morgens Tageszeitung, tagsüber online-Meldungen, diverse Newsletter und Abends um 19 Uhr die heute-Nachrichten. Um 21:45 Uhr darf das heute-Journal nicht fehlen.

Petra Gerster, Christian Sievers, Barbara Hahlweg

Von den Nachrichtensprechern gefällt mir Christian Sievers außerordentlich gut. Nichts gegen Petra Gerster und Barbara Hahlweg. Beide top vor der Kamera. Von Christian fühle ich mich irgendwie persönlicher angesprochen. Zum Schluss seines Nachrichten-Blocks bedankt er sich bei mir für mein Interesse und wünscht mir einen sehr schönen Abend und haucht ein kaum hörbares, smartes „Tschüss“ ins Wohnzimmer, sodass meine Brillengläser beschlagen. Das ist große Moderationskunst.

Das Wetter

Die Öffentlich-Rechtlichen haben es drauf, finde ich. Speziell die Nachrichten. Was wären die Nachrichten jedoch ohne Wetter? Ich liebe das Wetter-Format im ZDF, auch wenn es am nächsten Tag meimelt wie aus Eimern.

„Machen Sie’s gut“

Meine Favoriten sind Gunther Tiersch und Katja Horneffer. Leider ist Gunther Tiersch seit diesem Jahr im Ruhestand. Er kam auf uns immer mit zwei, drei federnden Schritten zu. Das lag vermutlich an seiner sportlichen Vergangenheit. Mit dem Deutschland-Achter wurde er 1968 in Mexiko als Steuermann Olympiasieger. Seine Moderation war immer von großer Kenntnis und einer angenehmen Gelassenheit gekennzeichnet. Zum Schluss entließ er uns mit einem fröhlichen „machen Sie’s gut“ in die Nacht.

Katja hat umgestellt

Katja Horneffer, mittlerweile Leiterin der Gewitterredaktion, hat eine Entwicklung durchgemacht. Jahrelang konfrontierte uns Katja ohne Vorwarnung mit Hoch Vinzenz und tief Roswitha und weiteren Wetterunbilden um dann im Mittelfeld des Wetters abrupt ein „und damit einen schönen guten Abend, meine Damen und Herren“ einzubauen. In jüngerer Zeit hat Katja Horneffer ihr Wetter-Moderadons-Portfolio ein wenig umgestellt, zum Vorteil, wie ich finde. Nun beginnt Katja mit „einen schönen guten Abend, meine Damen und Herren.“ Sie bewegt sich angenehm unauffällig und geht meist zwei, drei Schritte nach rechts und wieder zurück. Manchmal winkelt sie ihr rechtes Bein ein wenig an, kaum merkbar. Sieht sehr gekonnt aus. Ob sie eine Laufsteg-Ausbildung für Wetter-Moderatorinnen durchlaufen hat?

Der Fels in der Sport-Nachrichten-Brandung

Das könnte ich mir bei Norbert Lehmann nicht vorstellen. Er steht wie eine Eins am Pult und wie ein Fels in der Sport-Nachrichten-Brandung. Egal, welche Nachrichten aus dem Sport in der Luft liegen, Norbert kann nichts erschüttern. Uli Hoeneß wird neuer Präsident von Borussia Dortmund. Die Vendeé Globe muss wegen Wettbewerbsverzerrung in vier Wochen wiederholt werden. Ein Fischtrawler kollidierte absichtlich mit Boris Hermann und brachte diesen um den Sieg. Herrn Lehmann wirft nichts um.

Was auch immer in der Welt passiert, solange Norbert Lehmann mit „einen schönen guten Abend auch von mir“ eröffnet, ist meine Welt in Ordnung. Diese Grußformel muss unbedingt erhalten bleiben. Kann das Zweite Deutsche Fernsehen Herrn Lehmann nicht verbeamten?

Alles soll so bleiben, wie es ist

Sollte Norbert Lehmann auch nur ein einziges Mal daran denken, seine unverwechselbare Begrüßung zu ändern, werde ich mich enttäuscht der ARD zuwenden müssen.

Hier endet mein Beitrag mit der Lehmannschen-Begrüßung „einen schönen guten Abend auch von mir“ und

„Machen Sie’s gut.“

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6 Kommentare

  1. Katja
    15. April 2021
    Antworten

    Dem kann ich voll und ganz zustimmen. Bis auf das Wetter. Das finde ich vor allem von dem jüngeren Sprecher etwas „laut“ ( das WÄTTTER!) und nach den paar Minuten weiß man leider nicht wie das Wetter denn nun eigentlich werden soll. Aber sonst bin ich auch Fan der 19 Uhr Nachrichten 🙂

    • 16. April 2021
      Antworten

      Sie meinen vermutlich den 1971 in Köln geborenen Özden Terli. Vielleicht ist es seinem Kölner Dialekt, den ich gar nicht heraushöre geschuldet, dass seine Anmoderation als WÄTTTER rüberkommt. Und wenn Herr Terli zu “laut” ist, regele ich das über die Fernbedienung (kleiner Scherz).

  2. Barbara Krause-Traudes
    25. August 2021
    Antworten

    ich möchte gerne wissen, warum das überaus freundliche “Guten Abend, meine Damen und Herren” von Katja Horneffer seit einigen Wochen durch das knappe und unpersonliche “Guten Abend” ersetzt wurde. wurde hier wieder einer kleinen Minderheit von “diversen” Raum gegeben? Warum um alles in der Welt darf Frau Horneffer uns nicht mehr als Damen und Herren ansprechen, weil 2% der Bevölkerung sich nicht angesprochen fühlen?

  3. Anonymous
    25. August 2021
    Antworten

    Das ist zumindest nicht auszuschließen. Es könnte vielleicht damit zusammenhängen, dass die neue “Eröffnung” mit dem neuen Auftritt der ZDF-Nachrichten zu tun hat. Kabarettist Sebastian Pufpaff begrüßt seine Gäste in seinem Format “Noch nicht Schicht” seine Gäste mit: “Guten Abend meine Damen und Herren und Divers.”

  4. Surfi
    27. Mai 2022
    Antworten

    Nachtrag zu Norbert Lehmann:
    Was hantiert dieser Mensch (Lampenfieber, Nervosität aufgrund seiner paar Sendesekündchen…) dauert mit einem Kugelschreiber herum? Notizen hat er noch nie gemacht. Wozu also? Wenn er Profi ist, dann hat er dieser VOR der Sendung gemacht, Ergo braucht es keinen Kugelschreiber. Hat übrigens auch kein anderer Moderator.
    Vielleicht ein Fetish?

    • 29. Mai 2022
      Antworten

      Natürlich ist Norbert Lehmann Profi, sonst hätte er wohl kaum eine Anstellung beim ZDF erhalten. Haben wir nicht schon oft von Profis gehört, die vor Ihren Auftritten von Lampenfieber und Nervosität berichteten? Auch ein Paar “Sendesekündchen” wie Sie es beschreiben, können eine trockene Zunge oder schweißnasse Handinnenflächen erzeugen. Immerhin sehen ihn einige Millionen Menschen in diesen Sekunden. Vielleicht unterstreicht der Kugelschreiber seine professionelle Vorbereitung oder drückt aus, dass Herr Lehmann für uns, seine Zuschauer die allelletzten, superaktuellen Sportinformatioen auf das Blatt Papier, welches vor ihm liegt, am Rand platziert hat. Kann es sein, dass der Kugelschreiber in der Hand des Herrn Lehmann eine optische Funktion hat, denn seine Nachrichtensprecherin, Barbara Hallweg zumeist, tritt ohne Kugelschreiber auf. Möglich auch, dass der Kugelschreiber ihm mehr Selbstsicherheit vor der Kamera gibt. Vielleicht fühlt er sich sonst irgendwie nackt und ungeschützt. Oder sehen wir im Kugelschreiber-Halter eine hierarchische Abstufung. Frau Baraba Hallweg als Hauptmoderatorin ist unterschwellig die Chefsprecherin und so geschult, dass Sie frei sprechen kann und Herr Lehmann ist noch nicht so gefestigt und darf sich, als kleine Hilfestellung, eines Kugelschreibers bedienen? Abhlife könnte eine Krawatte schaffen. Ein Schlips, in Höhe der Gürtelschnalle endend, ersetzt den Kugelschreiber. Wobei es darauf ankommt, dass der Binder zu den Heute-Nachrichten passen muss, also konservativer Gesamteindruck, mit pastellartig, platzierten Farbtupfern.

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