Gudrun Kahla, geb. Ritzenhoff

kahla

Ich heiße Gudrun Kahla, geb. Ritzenhoff. Mein Vater, Paul Ritzenhoff, war Gründer der berühmten Glas-Manufactur.

vom Glas zum Geschirr

Auf einer der zahlreichen Porzellan-Partys, auf denen gerne dasselbige zerschlagen wird, lernte ich Karl Kahla kennen. Er flirtete gerade mit einem Püppchen aus dem Villeroy & Boch Clan. Das hätte er sich auch sparen können, denn Karl gehörte eindeutig in ihr Beuteschema.

Wenn sie es drauf anlegte, konnte eine Gudrun Ritzenhoff noch jedes Mannsbild um den eigenen Henkel wickeln. Er hatte keine Chance. Schnell verliebte er sich in mich. Die Heirat ließ nicht lange auf sich warten. Was Frau hat, das hat Frau. Mein Wechsel vom Glas zum Geschirr ging relativ geräuschlos über die Bühne.

Obertasse

Bald stellte sich leider heraus, dass Karl im Alltag eher ein Oberflächen-Casanova war. Seine rustikalen Umgangsformen waren mir zuwider. War ich mal nicht seiner Meinung, rastete er aus. Mit allem was der Küchenschrank hergab warf er dann nach mir, der alte Chauvi. So geht man nicht mit einer Tasse aus bestem Hause um. Schließlich habe ich mich im Porzellan-Universum binnen kürzester Zeit zu einer Obertasse hochgearbeitet. Von meiner Untertasse ganz zu schweigen. Bevor ich endgültig zur trüben Tasse wurde, lies ich mich scheiden.

Großzügig abgefunden wohne ich seit dem 1. August in der luxuriösen Alno-Residenz Pfullendorf in der Ever Green Allee 18. Hier haben wir uns in einer grifflosen Design-Küche im Dusty Color Trend, eingerichtet. Meine Untertasse und ich.

Als Tasse von Welt werde ich von Weitem erkannt: Ultramarinblau mit einem leichten Rotstich. Es erinnert an das Blau des französischen Malers Yves Klein. Ich liebe Yves Klein. Innen bevorzuge ich, wie die meisten meiner Zunft, das klassische weiß. Im Bereich des Henkels habe ich in den letzten Jahren etwas angesetzt. Henkel sind oft die Problemzonen bei uns Tassen. Etwas kaschieren kann man das, wenn bei der Auswahl des Untersetzers geschickt vorgegangen wird.

eine echte “Kahlanerin”

Ich habe mich für eine schwarze Untertasse entschieden. Schwarz macht schlank. Sobald ich mit Untertasse gedeckt werde, wirkt sich das positiv auf mein Gesamtbild aus.  Als echte „Kahlanerin“ werde ich von führenden Kaffeemarken empfohlen. Ob Dallmayr, Tchibo, Segafredo, Eduscho, Lavazza oder Jacobs – ich hatte sie alle!

Überhaupt sind wir ein farbenfroher Haufen von Ober- und Untertassen hier im Schrank. Meine Farbkombination zieht die Kerle aus der Becher-Etage über uns an. Ich kann mich vor Komplimenten kaum retten. Eine feste Beziehung möchte ich allerdings nicht so schnell wieder eingehen. Hier und da mal eine kleine Porzellan-Orgie, mehr brauche ich nicht.

Eierbecher mit Migrationshintergrund

Im Schrank neben uns herrscht Chaos pur. Was hier alles anzutreffen ist, erinnert an Anarchie. Teetassen, Trinkgläser, Coffee To Go Becher, Gummibänder, Ladegeräte für Mobiltelefone, Sieb, Reibe und eine Auswahl unterschiedlich großer Tupperdosen sind wahllos übereinander gestapelt. Komplett wird die Konfusion im Nachbarschrank durch ein Dutzend orientalisch verzierter Eierbecher. Ich vermute, es sind Eierbecher mit Migrationshintergrund.

Trotzdem muss ich gestehen, dass ich mich in letzter Zeit langweile. Jeden Tag der gleiche Trott. Man wird gedeckt, mal ohne, mal mit Untertasse. Immer der gleiche Kaffee, manchmal bleibe ich schwarz, ab und zu kommt Dosenmilch zum Einsatz, hier und da ein Löffelchen Zucker, selten Süßstoff. Nach getaner Arbeit geht es ab ins Geschirrspülwerk. Mit Hochdruck wird gereinigt und dann zurück in den Hängeschrank.

Kahla-Kaffeekanne

Das ist auf Dauer unbefriedigend. Deshalb habe ich beschlossen, den nächsten Karriereschritt einzuleiten. Im Herbst beginne ich eine Fortbildung zur Kaffeekanne. Als Kanne bin ich Führungskraft eines Teams aus zwölf Ober- und Untertassen. Als Kahla-Kaffeekanne wird es zu meinen Aufgaben gehören, eine schlagkräftige Truppe zu formen und den Marktanteil im Küchenschrank weiter auszubauen. Immer wieder kommt es vor, dass vereinzelte Tassen aus der Villeroy & Boch Truppe uns den Platz im Schrank streitig machen wollen.

nie mehr zweite Liga

Nach erfolgreicher Führungsarbeit im Küchenschrank kann ich, mit zweijähriger Praxiserfahrung ausgestattet, zum Bachelor-Abschluss kommen. Dann gehöre ich in die erste Liga der Kaffeekannen mit Tropfenfänger.

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